13.07.2023
Wir sind Kråmer und Wirt!
Kein Gasthaus, kein Nahversorger: Das ist in vielen Gemeinden Realität. Da sind innovative Lösungen gefragt! Im Rahmen einer Exkursion wurden Vorzeigeprojekte in Oberösterreich und Bayern besucht.
Wir sind Kråmer und Wirt!
Kein Gasthaus, kein Nahversorger: Das ist in vielen Gemeinden Realität. Da sind innovative Lösungen gefragt! Im Rahmen einer Exkursion wurden Vorzeigeprojekte in Oberösterreich und Bayern besucht.
Begegnungsort, Nahversorger, Stammtisch, Kaffeeklatsch oder Vereinstreffen – Jahrzehnte waren das Gasthaus und der lokale Nahversorger Zentren des dörflichen Miteinanders. Dass inzwischen immer mehr Orte ohne Gasthaus und Nahversorger dastehen, wollen immer mehr Bürgerinnen und Bürger nicht hinnehmen. Der Erhalt der Gaststätten und der lokalen Nahversorger ist aufgrund der demographischen Entwicklung wichtiger denn je, denn dort kommen die Menschen zusammen. Wir begaben uns im Rahmen einer Exkursion auf Spurensuche nach guten Beispielen – in Oberösterreich und Bayern wurden wir fündig.
Erster Halt: Lengau
Im Lengauer Laden werden Produkte regionaler Direktvermarkter von Beschäftigten der Lebenshilfe-Werkstätte Mattighofen verkauft. Es handelt sich dabei um ein Kooperationsprojekt der Lebenshilfe Oberösterreich mit der Marktgemeinde Lengau. Rund zehn Beschäftigte arbeiten im Lengauer Laden. Im Hofladen werden auf etwa 120 m² Verkaufsfläche vorrangig Produkte von Lieferanten aus Lengau und Umgebung angeboten. Das vielseitige Produktsortiment umfasst regionale und saisonale Produkte von über 50 Lieferanten aus der Umgebung.
Der Lengauer Laden wurde im Oktober 2018 als Gemeinschaftsprojekt der Lebenshilfe Oberösterreich und der Gemeinde Lengau sowie mit Unterstützung von Bund, Land und Europäischer Union (LEADER) eröffnet und sorgte auch für eine Ortskernbelebung.
Auch die Gemeinde St. Radegund nahm die Nahversorgung selber in die Hand und kaufte einen ehemaligen Bauernhof. Ein kleiner Nahversorger, ein Café und ein Begegnungszentrum für Vereine sind jetzt dort beheimatet.
Nächster Halt: Übersee & Tittmoning
Ob als Genossenschaft oder Aktiengesellschaft: Bayerns Bürgerinnen und Bürger wollten sich nicht mehr mit dem Verlust ihrer Gaststätte abfinden und nahmen den Zapfhahn selbst in die Hand. Die Gaststätten in Bayern sind schon etwas Besonderes, im Rahmen der Exkursion wurden die Gaststätte „Zur Feldwies“, eine Aktiengesellschaft in Übersee im Chiemgau, sowie die Dorfwirtschaft „Asten“ in Tittmoning, besucht.
Asten wird getragen von einer Einwohner-Genossenschaft. In Asten fand sich eine Gruppe engagierter Bürger, die sich Gedanken machte und mit der Stadt Tittmoning Gespräche führte. Diese erwarb schließlich das alte Gasthaus. Drei Monate später – genau am 15. Februar 2012 – gründeten die Astener Bürger eine Genossenschaft. Rund 300 Mitglieder zählte die Genossenschaft bei ihrer Gründung, heute sind es schon über 800. Die Stadt Tittmoning überließ das Gebäude der neuen Genossenschaft, und im Mai 2012 wurde mit Unterstützung der Stadt mit dem Umbau und der Modernisierung der Gaststätte begonnen. Das ganze Dorf packte mit an. 650 000 Euro hat die Genossenschaft für den Umbau aufgebracht – durch die Einlagen der Mitglieder und durch Kredite. Ein Pächter wurde gefunden und seit März 2013 hat die Dorfwirtschaft Asten geöffnet.
Alt ist sie, die Wirtschaft in Übersee, das Gebäude stammt aus dem 16. Jahrhundert. In den 1990er Jahren stand es leer und verrottete langsam. Bis die Gemeinde das Gebäude erwarb und es zur Verfügung stellte. Eine Gruppe von Überseer Bürgerinnen und Bürger sowie mehrere Ortsvereine beschlossen, das Wirtshaus zu renovieren und selbst zu betreiben. Die neu gegründete Aktiengesellschaft gab Aktien zu 100 Euro je Stück aus. 2004 wurde das Wirtshaus wieder „aufgesperrt“! Aktuell hat die AG ca. 2100 Aktionärinnen und Aktionäre.
So macht die Rettung der Wirtshauskultur mittels Aktiengesellschaft oder Genossenschaft mittlerweile in Bayern Schule!
Kontakt
Alexander Glas
Tel: 0662-872691-13
E-Mail: [email protected]
Fotos: GE