26.03.2024
Wie funktioniert Carsharing in Salzburg?
Soziale, ökologische und volkswirtschaftliche Aspekte standen vor kurzem im Mittelpunkt des Carsharing-Vernetzungstreffens. Wie ist es um die diversen Initiativen in Stadt und Land Salzburg bestellt?
Wie funktioniert Carsharing in Salzburg?
Soziale, ökologische und volkswirtschaftliche Aspekte standen vor kurzem im Mittelpunkt des Carsharing-Vernetzungstreffens. Wie ist es um die diversen Initiativen in Stadt und Land Salzburg bestellt?
Der motorisierte Individualverkehr (MIV), ein Fahrzeug mit Motor, ist eine geniale Erfindung, ohne die das moderne Leben nicht zu denken wäre. Die Vorteile erleben die meisten Menschen täglich und man braucht diese daher nicht aufzuzählen. Doch wie bei allem gibt es ein Zuviel oder – treffender – ein „Viel zu viel“. Die ineffiziente Übernutzung hat viele individuelle und volkswirtschaftliche Nachteile, die mittlerweile die Lebensqualität im Alltag und auch zukünftiger Generationen massiv beeinträchtigen. Carsharing ermöglicht, weiterhin die Vorteile des MIV zu nutzen, kann aber die Nachteile und Folgekosten auf ein Minimum reduzieren.
Über diese und andere Facetten des Carsharings wurde im Rahmen des Vernetzungstreffens mit rund 30 Teilnehmenden diskutiert. Bei den diversen Initiativen und in jenen Gemeinden, die schon Carsharing haben oder eines wollen, spielen die persönlichen Kosten praktisch gar keine Rolle. Vor allem soziale, ökologische sowie volkswirtschaftlichen Gründe für die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) wurden ins Treffen geführt.
Zahlen & Fakten: Wissenswertes
Dazu ein paar interessante Zahlen und Fakten: In Österreich gibt es 566 Pkw/1.000 Einwohner:innen. Für die Produktion eines einzigen Autos, das durchschnittlich 1,5 Tonnen wiegt, werden im Schnitt 70 Tonnen Materialien und Ressourcen verbraucht. Je nach Gesamtfahrleistung entstehen 15 bis 20 % der CO2-Emissionen bei der Produktion eines PKWs und 1 % beim Recycling. Die Produktion eines Verbrenners setzt derzeit knapp 7 Tonnen Treibhausgase frei. Verkehr ist im Bundesland Salzburg für 38 % der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich – damit deutlich mehr als im Bundesvergleich (28,3 %). Die Salzburger Landesregierung hat eine Klima- und Energiestrategie beschlossen, mit der Salzburg bis 2050 klimaneutral sein soll.
Jedes Jahr gelangen pro Bundesbürger etwa 1,2 Kilogramm Reifenabrieb, also Partikel, die durch das Reiben von Autoreifen auf dem Straßenbelag entstehen, in die Umwelt. Dadurch hat Reifenabrieb den größten Anteil am Mikroplastikeintrag in die Umwelt. Etwa 60 % gelangen in unsere Böden, 20 % ins Oberflächenwasser, also über das Niederschlagswasser in die Gewässer. Davon geht ein Teil – 2 bis 5 % – über die Flussmündung letztendlich ins Meer. Das klingt erst einmal nach wenig, ist es aber nicht: Bei 1,2 Kilogramm pro Bürger und Jahr sind es 24 bis 60 Gramm und damit insgesamt 1,92 bis 4,8 Millionen Kilogramm Reifenabrieb, mit denen bspw. Deutschland jedes Jahr die Meere verunreinigt. In der EU fallen jährlich rund 500.000 Tonnen Reifenabrieb an.
Fahrzeug ist 23 h am Tag ein „Stehzeug“
23 Stunden ist das Fahrzeug eigentlich ein „Stehzeug“, nur eine Stunde wird es durchschnittlich bewegt. Zweitautos noch weniger. In Österreich gibt es immer mehr Zweit- und Drittautos. Diese werden im Durchschnitt nur rund 7.200 Kilometer pro Jahr gefahren. Der Anteil der autofreien Haushalte macht ein Viertel aus. Ein sinkender Besetzungsgrad führt dazu, dass immer mehr Autos notwendig sind, um die gleiche Anzahl an Personen zu transportieren. Die Auslastung der privaten Fahrzeuge könnte schlechter kaum sein: In einem PKW in Österreich sitzen im Schnitt nur 1,17 Personen, beim Arbeitspendelverkehr sinkt der Besetzungsgrad sogar unter 1,1 Personen pro PKW. In 9 von 10 PKWs sitzt nur 1 Person, in jedem zehnten PKW sitzen 2 Personen. Damit gibt es in 10 PKWs durchschnittlich Platz für 40 Mitfahrende, es fährt aber nur 1 Person mit, damit wird nur 1 von 40 Mitfahrplätzen genutzt. Das heißt, dass 98 % aller verfügbaren Plätze für Mitfahrende unbesetzt sind.
Der Flächenverbrauch mit Zufahrt für Ein- bzw. Ausparken in Wohnanlagen liegt bei ca. 25 m². In der Gemeinde Puch beispielsweise gilt bei Wohnungen über 80 m², dass 3 Stellplätze plus 30 % Besucheranteil gebaut werden müssen. Der Bodenverbrauch ist in Österreich 2022 auf 12 Hektar pro Tag gestiegen. Als Folge der Versiegelung der letzten 10 Jahre kann Österreich fast eine halbe Million Menschen weniger ernähren. In der Stadt werden die Kosten von der Allgemeinheit getragen. Bei einem durchschnittlichen m²-Preis in der Stadt und vielen Umlandgemeinden von € 1250,- und Höchstpreisen um die € 5000.- wäre ein Autostellplatz kaum leistbar.
25 Stunden – mehr als einen ganzen Tag – verbringen Österreichs Autofahrer jedes Jahr im Stau. Das gilt aber nur für den Durchschnitt. Wer im Raum Salzburg täglich berufspendelt, verbringt 4 Tage und 13 Stunden (27 % mehr als bei fließendem Verkehr) zusätzlich im Auto. Mit bis zu 6 Milliarden Euro schlagen Staus laut einer Studie des Instituts für Transportmanagement und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien (2015) allein in Österreich jährlich zu Buche.
Carsharing: Chancen & Potentiale
Carsharing-Angebote ermöglichen den Verzicht aufs eigene Auto und wirken dem Flächenfraß effektiv entgegen – dem vermeintlichen Komfortverlust durch den Verzicht aufs eigene Auto wird durch Carsharing ein Rundum-Sorglos-Paket entgegengesetzt. Carsharing und die Bildung von Fahrgemeinschaften haben das Potential, PKWs effizienter zu nutzen. 1 Carsharing-Fahrzeug ersetzt bis zu 20 private PKWs. Als Faustregel gilt, dass Personen, die weniger als 12.000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto fahren, mit Carsharing günstiger aussteigen als mit einem eigenen Auto. Hinzu kommt, dass durch den Umstieg auf Carsharing unüberlegte Autofahrten wegfallen. 43 % der Personen, die in Österreich auf Carsharing umgestiegen sind, fahren jetzt häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem Fahrrad. Das Auto wird nach dem Umstieg um die Hälfte weniger genutzt.
Kontakt
Alexander Glas
Tel: 0662-872691-13
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Foto: GE