Mitmachen und aufbrechen

Gebeutelt könnten wir uns fühlen. Nach diesem Jahr, nach Geschichten über Krisen, nach Dauer-Alarmismus. Was wir gerade lernen, ist wohl, die Alarmbereitschaft gleichmäßig zu verteilen.

Fast könnte man meinen, ein Wettbewerb der Sorgen ist losgebrochen. Und wie so oft, wenn vieles um Aufmerksamkeit wirbt, geht eines verloren. Der Blick für das Wesentliche. Das Eigentliche, das Unveränderte. Weil eigentlich unverändert ist, dass Frauen diese Krisen sehr bewundernswert organisieren und schultern, zu Hause, in der Schule, im Krankenhaus, in der Apotheke, im Supermarkt, vorm Putzkübel, am Fließband …

Eine dieser Schultern wird 99 Jahre alt. Es ist Ilse Helbich, die unermüdlich Beeindruckendes über ihr Leben schreibt. Ein Jetzt-oder-nie-Moment hat sie dazu gebracht, mit 60 ein altes Haus zu kaufen, es herzurichten und mit der Schriftstellerei zu beginnen. Sie ist eine Art Chronistin der Lebenserfahrung und des Alterns.

Fast heiter erzählt sie von ihrem Frauenleben. „Ich habe den Männern sehr lange zugeschaut …“ Und über ihre Erfahrung, dass sie als Mutter und Ehefrau wohl dermaßen konservativ war, dass ihr nicht einmal in den Sinn gekommen ist, dass sie nicht immer alles tun muss, was von ihr erzwungen wurde. „Und ehrlich – ich hab mich nur gewehrt, wenn ich ganz arg in Bedrängnis war.“

Sie hat mit 60 noch einmal alles auf den Kopf gestellt. Was jetzt auch schon fast 39 Jahre her ist. Sie lässt sich gar nichts mehr gefallen.

Frauen haben viel erreicht, dank derer, die Generationen vor uns gekämpft haben. Wir haben die Möglichkeit, glücklich zu sein – wir sollten die Entscheidungen dahingehend treffen. Mädchen darin unterstützen, junge Frauen dazu beglückwünschen und nicht mehr so lange zuschauen.

Insofern ist es gar nicht so schlecht, einmal richtig durchgebeutelt zu werden.

Kontakt:

DSA Mag. Brigitte Singer
[email protected]
Tel: 0662-872691-15

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